Trüffelverkauf auf einem Markt in Damaskus im Mai 2023. Wegen der vielen blutigen Angriffe auf seine Sammler*innen wird der Trüffel in Syrien mittlerweile auch Blutfrucht genannt.

Warum die Trüffelsuche in Syrien oft tödlich endet

Derzeit ist Hochsaison für die zahlreichen Trüffelsucher*innen in Syrien. Dabei werden immer wieder Menschen getötet, die Zahl der Angriffe und Todesopfer steigt stetig. Dafür ist nicht allein der IS verantwortlich.

Trüffelverkauf auf einem Markt in Damaskus im Mai 2023. Wegen der vielen blutigen Angriffe auf seine Sammler*innen wird der Trüffel in Syrien mittlerweile auch Blutfrucht genannt.

Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht der Tod von Trüffelsammler*innen in Syrien vermeldet wird. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) wurden in dieser Saison bereits mehr als 130 Menschen bei der Suche nach Trüffeln getötet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es 240 Personen in der gesamten Saison. Die meisten sterben durch direkte Angriffe des sogenannten Islamischen Staates (IS) oder durch Landminen. Aber auch regimetreue Milizen gehen nicht zimperlich mit den Zivilist*innen um.

Die Jagdsaison ist eröffnet

Zwischen Februar und April zieht es in Syrien viele Menschen in die Badia-Wüste, um dort Trüffel zu sammeln. Die Suche nach der Delikatesse ist lebensgefährlich, aber für die meisten alternativlos. Denn für ein Kilo schwarzen Trüffel gibt es bis zu 23 Euro – eine astronomische Summe in einem Land, in dem 90 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und mit einem durchschnittlichen Monatslohn von 17 Euro auskommen müssen.

Weil Trüffelsammler*innen in großen Gruppen in abgelegenen Gebieten arbeiten – in der sich Tausende IS-Kämpfer versteckt halten –, sind sie in den vergangenen Jahren für den IS zum beliebten Angriffsziel und Freiwild geworden. Die meisten werden direkt getötet. Andere werden entführt, um sie gegen Geld freizupressen.

Regimetreue Milizen fordern Schutzgeld

In der vergangenen Woche fand der tödlichste Angriff auf Trüffelsammler*innen seit über einem Jahr statt. In einem Wüstengebiet in der Nähe von Deir ez-Zorr wurden etwa 40 Personen getötet und verletzt, darunter Frauen und Kinder. Weitere 50 Personen werden seitdem vermisst. Das SOHR vermutet, dass diese vom IS verschleppt wurden.

Sicher ist das nicht. Denn nicht nur der IS, sondern auch regimetreue Milizen entführen regelmäßig Trüffelsuchende, um Lösegeld zu erpressen. Darüber hinaus verlangen sie Geldzahlungen für die Erlaubnis, in “ihrem Gebiet” nach Trüffel zu suchen, und beanspruchen die Hälfte der gefundenen Trüffel als Schutzgeld. Die Menschen haben kaum eine Wahl: Wer sich weigert zu zahlen, riskiert neben dem IS auch von den Milizen attackiert zu werden. Sie können nur hoffen, dass sie die Trüffelsuche, die ihnen das Überleben sichern soll, am Ende nicht mit ihrem Leben bezahlen.