5 Syrien News: Wie der IS erstarkt

Nach dem schrecklichen Terroranschlag in Moskau schlagen viele Staaten Alarm. Doch kaum jemand blickt nach Syrien, wo der IS an Stärke gewinnt. Weitere Ereignisse aus dem März im Kontext Syrien fassen wir hier zusammen.

5 Jahre nach seiner vermeintlichen Niederlage eskaliert der sogenannte Islamische Staat seine Attacken in Syrien.

Seit Anfang 2024 haben sich die Angriffe des IS deutlich intensiviert, wobei vor allem Deir ez-Zor und die Wüste von Homs im Zentrum Syriens betroffen sind. Die aktiven Zellen nehmen insbesondere Stellungen der Koalition der Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) und des syrischen Regimes ins Visier. Laut der lokalen NGO Insight Organization hat die Terrororganisation seit Anfang des Jahres 129 Anschläge verübt, neun davon auf Zivilist*innen, unter denen vor allem saisonale Trüffelsucher*innen zu finden sind. Mitte März wurden in einem Wüstengebiet in der Nähe von Deir ez-Zor etwa 40 Personen getötet und verletzt, darunter Frauen und Kinder; weitere 50 Personen werden seitdem vermisst, wobei die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte vermutet, dass sie vom IS verschleppt wurden.


Die Lage im berüchtigten al-Hol-Camp in Nordsyrien ist äußerst gefährlich, da dort mehr als 10.000 IS-Kämpfer und 50.000 hauptsächlich Familienangehörige interniert sind. Es wird immer wieder über Ausbrüche berichtet, und die kurdische Selbstverwaltung verfügt nicht über ausreichende Mittel, um das Camp sowie entsprechende Deradikalisierungsmaßnahmen zu organisieren. Neben syrischen sind auch viele extrem radikale ausländische IS-Kämpfer eingesperrt, doch die Bitte an die internationale Gemeinschaft, Staatsbürger*innen aus dem Ausland zurückzuführen, findet bis heute wenig Beachtung. Dabei wird das Camp immer wieder als “tickende Zeitbombe” bezeichnet, die eine weltweite Gefahr darstellt.


UN-Kommission fordert: Syrien braucht dringend einen Waffenstillstand!

“Seit Oktober kam es in Syrien zu der größten Eskalation der Kämpfe seit vier Jahren”, erklärte der Vorsitzende der Syrien-Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates in Genf Anfang März und forderte einen dringenden Waffenstillstand. Vor allem das syrische Regime, Russland und die Türkei haben ihre Angriffe intensiviert, wobei sie immer wieder Zivilist*innen und zivile Infrastruktur ins Visier nehmen. Währenddessen nimmt die finanzielle Unterstützung für Hilfsbedürftige in Syrien ab. Die erneute Eskalation hat dazu geführt, dass wieder mehr Menschen innerhalb der Landesgrenzen auf der Flucht sind und unter prekären Verhältnissen leben.


Laut eines Berichts von Human Rights Watch schiebt die Türkei weit mehr Syrer*innen als angegeben zwangsweise ab.

Die meisten Syrer*innen werden aus der Türkei in die besetzte Stadt Tel Abyad im Norden Syriens deportiert, wo sie sich zunehmend verschlechternden humanitären Bedingungen gegenübersehen. Die Türkei behauptet zwar, sicherheitsrelevante Zonen in Nordsyrien zu schaffen, aber in Wirklichkeit sind diese Gebiete von Menschenrechtsverletzungen geprägt und humanitäre Bedürfnisse werden weitgehend ignoriert. HRW registrierte im Jahr 2023 die Abschiebung von 57.519 Personen.

Die Umsiedlung kann nur erfolgen, indem die ansässige Bevölkerung vertrieben wird. Die Ausweitung der sogenannten Pufferzone ist das erklärte Ziel des türkischen Präsidenten Erdoğan. Glaubt man seinen Worten, steht eine neue Bodenoffensive kurz bevor. Im März 2024 gab er bekannt, eine „Pufferzone“ im Grenzgebiet zum kurdischen Nordirak ähnlich der im syrisch-türkischen Grenzgebiet schaffen zu wollen.


Proteste gegen die gegen Hai’at Tahrir al-Sham (HTS) gehen weiter.

Seit dem 27. Februar tragen die Menschen in Idlib ihren Unmut mit der HTS, die weite Teile von Idlib kontrolliert, auf die Straße und in die sozialen Medien. Sie haben genug von der Politik der Gewalt und des Terrorismus. Die Demonstrationen sind zwar nicht beispiellos – in den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu größeren und kleineren Protesten gegen die islamistisch dschihadistische Miliz. Im Vergleich zu früheren Protesten zeichnen sich die aktuellen jedoch durch eine größere Reichweite und höhere Intensität aus.

Die Demonstrierenden fordern die Absetzung von Abu Mohammad al-Jolani, dem Anführer der Miliz, die Freilassung aller Gefangene in den HTS-Gefängnissen und umfassende Reformen. Sie lehnen das zentrale Verwaltungssystem sowie das Wirtschafts- und Gewaltmonopol ab, das die Dschihadisten etabliert haben.


Die schweizerische Bundesanwaltschaft klagt Syriens ehemaligen Vizepräsidenten Rifaat al-Assad wegen Kriegsverbrechen aus dem Jahr 1982 an.

Rifaat al-Assad wird beschuldigt, im Februar 1982 als Kommandant der Verteidigungsbrigaden den Angriff auf die syrische Stadt Hama befohlen zu haben, bei dem Tausende von Zivilist*innen getötet wurden. Obwohl al-Assad in Frankreich wegen der illegalen Nutzung syrischer Staatsgelder verurteilt wurde, kehrte er nach Syrien zurück, ohne seine Strafe zu verbüßen. Seine Rückkehr löste heftige Diskussionen aus, insbesondere darüber, wie er überhaupt aus Frankreich ausreisen konnte. Der französische Journalist Georges Malbrunot vermutete einen Deal. Laut ihm hatte der Onkel des syrischen Diktators Bashar al-Assad in der Vergangenheit Informationen an den französischen Geheimdienst geliefert. Rifaat al-Assad wird nicht nur für den Angriff auf Hama, sondern auch für das Tadmur-Gefängnis-Massaker im Jahr 1980 verantwortlich gemacht.