Unsere Partner*innen bei der Arbeit in einem Flüchtlingscamp.

Kampfansage unserer Partnerinnen

Es war absehbar, mittlerweile ist es klar: Der Cholera-Ausbruch hat sich (nicht nur) in Syrien zu einer Epidemie entwickelt. Die Krankheit kann potentiell tödlich enden, bei zügiger Behandlung ist sie aber meist nach wenigen Tagen überstanden. Nur: In Idlib kann schon von medizinischer Grundversorgung kaum noch die Rede sein, insbesondere in den Flüchtlingscamps. Umso wichtiger ist Prävention. Unsere Partnerinnen nehmen den Kampf gegen Cholera auf.

Unsere Partner*innen bei der Arbeit in einem Flüchtlingscamp.

In Idlib, insbesondere in den Flüchtlingslagern, setzt eine mitunter lebensgefährliche Resignation ein. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, welche die Menschen hier aus gutem Grund in Panik versetzte, ist die Reaktion auf die derzeitige Cholera-Epidemie sehr gering. Zwar gibt es durchaus die Angst, sich anzustecken, aber weil in den Camps viele Krankheiten potentiell gefährlich werden können, wird der Cholera bisher noch kaum Beachtung geschenkt, obwohl die Zahl der Infizierten und der Todesfälle rapide steigt.

Die Resignation kommt nicht von ungefähr: Medizinische Versorgung und Medikamente sind in ganz Idlib Mangelware und entweder kaum zu bekommen oder unbezahlbar. Am meisten verbreitet unter den Campbewohner*innen sind derzeit Erkrankungen der Atemwege, weil sie durchgehend der Kälte ausgesetzt sind und auch diese Viren massiv grassieren. Viele Kinder leiden unter chronischen Atemwegsentzündungen und benötigen deshalb eigentlich regelmäßig spezielle Therapie-Einheiten. Die Angst vor Cholera muss sich da erstmal weit hinten anstellen.

Die Lebensumstände sind ein Teufelskreis …

Unsere Partnerinnen vom Women Support & Empowerment Center Idlib sehen aber das hohe Gefahrenpotential der hochansteckenden Krankheit und versuchen deshalb Aufklärung zu betreiben.

„Cholera sollte niemand auf die leichte Schulter nehmen, auch wenn viele andere Probleme zu bewältigen sind. Aber man darf auch nicht so tun, als hätte das Eine nichts mit dem Anderen zu tun. Die Camps, in denen wir arbeiten, sind irreguläre Camps – also spontane Ansiedlungen von Geflüchteten ohne Zugang zu richtiger Infrastruktur. Dort teilen sich circa 50 bis 60 Familien eine einzige Toilette. Wasser gibt es hier nur sehr begrenzt, weil es dafür keine Leitungen gibt. Einmal die Woche wird in den Camps ein Wassertank aufgefüllt, für den die Bewohner*innen selbst zahlen müssen. Entsprechend sparsam müssen sie mit dem wenigen Wasser haushalten. Generell ist die hygienische Situation dramatisch: Die Menschen können sich kaum Reinigungsmittel leisten, nicht mal jene mit Job, weil die Gehälter so niedrig sind. Dadurch verbreiten sich natürlich auch Krankheiten rapide, was sehr schnell sehr gefährlich werden kann“, berichtet Huda Khaity, Leiterin des Frauenzentrum Idlibs.“

… den es zu durchbrechen gilt

Jeden Herbst und Winter verschärft sich die Situation weiter. Denn durch den vielen Regen und Schnee, der hier üblich ist, werden viele Zelte überschwemmt oder rutschen ab, weil in den Camps der Boden nicht richtig befestigt ist und die Materialien für die Zelte auch häufig nicht widerstandsfähig genug sind. Weil es zudem kein Abwassersystem gibt, wird verschmutztes Wasser nicht richtig abgeleitet und bietet einen optimalen Nährboden für das Cholera-Virus.

Ein Camp von Binnenvertriebenen in Syrien, das stellvertretend für die Situation der Flüchtlingslager steht. Wenn es regnet oder schneit, ist das Wasser nicht mehr zu halten.



„Wir können die Gesamtsituation nicht ändern, weil wir keinen Wohnungen haben, die wir anbieten können. Es ist ein riesiger Teufelskreis und eine Verkettung von Umständen, die schwer zu bekämpfen sind. Aber wir können vor Ort über gute Hygienepraktiken aufklären, die für die Prävention und Eindämmung von Cholera essentiell sind. Uns ist es dabei besonders wichtig unser Aufklärungsangebot so zu gestalten, dass es Rücksicht nimmt auf die spezifischen Lebensumstände der Menschen hier, sodass es ihnen wirklich nützt.

Es reicht nicht einfach nur zu sagen, dass die Menschen ihr Obst und Gemüse gründlich waschen sollen. Zum einen haben sie kaum Obst und Gemüse, das sie überhaupt waschen könnten. Zum anderen haben sie auch nicht viel sauberes Wasser – woher sollten sie es nehmen? Deshalb rücken wir natürliche Desinfektionsmittel ins Bewusstsein, die für die Menschen zugänglich sind, beispielsweise Essig. Gleichzeitig verteilen wir aber auch Desinfektionsmittel und andere hygienische Produkte, weil Essig allein keine Lösung ist, und klären auf, was die Anzeichen einer Infektion sind und was im Fall der Fälle zu tun ist.“

Die größte betroffene Gruppe sind derzeit Kinder

Der richtige Umgang mit Infizierten ist nicht nur wichtig für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Mitmenschen. Denn Cholera ist nicht nur hochansteckend, sondern verbreitet sich in den Camps auch deutlich schneller als in dicht besiedelten Stadtvierteln aufgrund der prekären Lebensumstände. Obwohl in den Camps von Säuglingen bis Greisen alle Altersklassen leben, sind derzeit am meisten Kinder betroffen, Das liegt auch daran, dass sich in den Camps derzeit primär Alte und Kinder aufhalten, weil arbeitsfähige Männer und Frauen sich in der Olivenverarbeitung als Saisonarbeiter*innen und Tagelöhner durchzuschlagen.

„Generell ist die Situation in den Camps, die wir mitbekommen, wenn wir dort arbeiten, sehr bedrückend und traurig und schwierig mit anzusehen“, so Huda. „Aber wir resignieren nicht und geben trotzdem unser Bestes, damit es nicht noch schlimmer wird.“


Ob Corona, Cholera oder andere Krankheiten: Die Menschen in den Flüchtlingscamps in Idlib brauchen eigentlich medizinische Betreuung. Weil es diese in Idlib nicht mehr wirklich gibt, versuchen unsere Partnerinnen ihr Möglichstes, um die Menschen vor (tödlichen) Krankheiten zu schützen.